Folge 9 I Impulskontrolle

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Marlene Marlow

#hundewissen – Impulskontrolle

Bei Hunden ist, genau wie bei uns, Impulskontrolle im Laufe des Tages aufgebraucht.
Let’s keep that in mind.

Marlene Marlow (@beziehungscoach_hund_mensch) • Instagram-Fotos und -Videos

Das Leben in Städten, die Enge, die vielen Artgenossen, ist schon für uns Menschen eine enorme Herausforderung. Wer einmal in der Rushhour in Berlin mit der S-Bahn gefahren ist, kann nur voller Bewunderung sein, ob der zivilisatorischen Meisterleistung der meisten Homo sapiens hinsichtlich ihrer Impulskontrolle. Dennoch, wenn Du an einem Tag schon dreimal beinahe über den Haufen gerannt wurdest, Dich dreimal wie ein Aal zur Seite geschlängelt hast, damit jemand nicht in Dich „reinknallt“ und Du dreimal freundlich geblieben bist, kann’s schon ‚mal passieren, dass der vierte Mensch der Deinen Weg kreuzt und das gleiche Verhalten an den Tag legt, `nen Spruch kassiert.
Dann ist es vorbei mit dem „Sich-Zurück-Nehmen“, das ist menschlich, also (säuge-)tierisch.
Impulskontrolle ist im Laufe des Tages aufgebraucht.

Warum ist das so?

Werfen wir zum Verständnis einen kurzen Blick auf die dahinter stehende Neurobiologie und die währenddessen ablaufenden Prozesse im Gehirn:
Beteiligt sind vornehmlich die Hirnregionen Präfrontaler Cortex, Amygdala und ein Areal namens Locus coeruleus.
Der Präfrontale Cortex, ist u.a. für Impulskontrolle, logisches Denken und die Bewertung von Gefühlen zuständig.
Die Amygdala, die zum Limbischen System und damit zu einem entwicklungsgeschichtliche alten Bereich des Gehirns gehört, ist u.a. für die Entstehung von emotionalen Reaktionen zuständig.
Wenn wir ausgeruht, wach und fit sind, dann sind diese beiden Hirnareale gut miteinander verbunden.

Nach müd‘ kommt blöd.

Der Präfrontale Cortex „hilft“ der Amygdala einzuordnen, ob ein Reiz der von Außen auf das System einströmt, als potentiell gefährlich einzuordnen ist oder nicht, ob es angebracht ist, dass die Amygdala dem System sagt, dass es Kampf,- oder Fluchtreaktionen auslösen soll. Das kann überlebenwichtig sein. Der Präfrontale Cortex sagt der Amygdala aber auch, wann keine Gefahr besteht und dies nicht notwendig ist.
Bei Ermüdung und auch bei Schlafentzug, ist, laut Studien, die Verbindung der beiden unterbrochen, zumindest abgeschwächt, die Amygdala ist in diesen Momenten besser verbunden mit einem Areal namens Locus coeruleus. Wie die Amygdala gehört es zu den ältesten Teilen des Gehirns und steuert unter anderem den Fluchtreflex bei einer akuten Bedrohung und steht in Verbindung mit Erregung.
Der Präfrontale Cortex verliert sozusagen die Kontrolle über die Amygdala, diese reagiert „über“ und an der Stelle, an der wir uns vor Stunden noch gut beherrschen konnten, eine gute Kontrolle unserer Impulse gezeigt haben, explodieren wir.

Genauso geht es unserem Hund!

Er hat sich im Laufe des Tages etliche Male zurückgenommen: Er konnte nicht der läufigen Hündin folgen, sie sich nicht mit dem attraktiven Rüden paaren, nicht dem Ball auf die Straße hinter rennen, musste mindestens zweimal vorm Futternapf warten, hat bei drei Hunden, die ihm blöd kamen, Contenance gezeigt. Jetzt ist es Abend, sein Gehirn ist müde und nun kommt auch noch die vierte Flitzpiepe um die Ecke, die meint das irgendetwas gerade mal geklärt werden müsste. Da reißt einmal schon mal die Hutschnur.
Bedenken wir auch noch, dass dieser Hund, der da gerade an der Leine pöbelt, eher unsicher ist und vielleicht auch schon fünfmal im Laufe des Tag seine Impulse erfolgreich unterdrückt, d.h. seine Angst überwunden und nicht ausgelöst hat, dann können wir doch viel mehr Verständnis für einander aufbringen, oder? Und wir könnten denken, „Ach ja, die Amygdala …“
Ja, die Amygdala. 😉
Mögen alle Wesen glücklich sein. ❤️🐶🙏

Quellen:

Limbisches System: Funktion & Aufbau – NetDoktor
Reaktion im Gehirn: Schlafmangel kurbelt Gefühle an | STERN.de
Amygdala – WikipediaAmygdala (Corpus amygdaloideum) – Anatomie und Funktion | Kenhub
Gehirn und Lernen – Das limbische System oder das „Säugergehirn“